Das Celler Quartett

Vortrag von Dieter Osteneck beim Treffen der Familienkartenspielesammler 2010


Das Celle-Quartett  –  Ungewöhnliches aus der Heide

Unmittelbar nach dem 1. Weltkrieg wurde das Hartgeld knapp – es war im Kriege zu militärischen Zwecken verwendet worden. Was sollte man im täglichen Leben aber stattdessen nehmen? So entstanden ganz unterschiedliche „Notgeldscheine“,  herausgegeben von Kommunen, Firmen, Vereinen, Geschäften, höchst unterschiedlich gestaltet und auf verschiedene Nominale lautend. Da sie aber alle wirklich in den Zahlungsverkehr gelangten, nennt man sie heute Verkehrsausgaben.

Findige Köpfe stellten allerdings bald fest, dass sich mit Notgeld echtes Geld verdienen ließ. So entstanden die unterschiedlichsten Spekulationsscheine, meist in Kleinserien, die in der Regel gar nicht mehr als Zahlungsmittel Verwendung fanden, sondern alleine für die Hände von Sammlern gedacht waren.

 

Auch der Magistrat der Stadt Celle beschloss die Ausgabe solcher Serienscheine und beauftragte den Celler Regierungsbaurat Hans Fleck (1876 – 1955) mit ersten Entwürfen. Dieser muss ein pfiffiger, gebildeter Mann gewesen sein, denn bei der projektierten Anzahl von vier Scheinen (25, 50, 75, 100 Pfennigen) fiel ihm wohl das lateinische Wort ´quattuor´ = vier samt seinen zahllosen Ableitungen ein, und von dieser Gleichung her war der Weg nicht weit zu der Idee eines Quartettspieles. Aber dann durften es nicht nur vier Karten/Scheine sein, sondern eine größere Zahl von Quartetten: X x 4.

Binnen kurzem legte Fleck Entwürfe für 3 x 4 Scheine vor, deren handwerkliche Akkuratesse und künstlerischen Wert man noch heute anhand der Entwürfe im Celler Bomann-Museum überprüfen kann: I. Öffentliche Bauten; II. Landgestüt; III. Bürgerhäuser. Eine vierte Serie schuf der Escheder Kunstmaler Albert König (1881 – 1944) : IV. Heidebilder.

Im Frühjahr 1922 wurden von der Celleschen Buch- und Steindruckerei Eduard Binder 183.200 Stück an den Vertragshändler Oskar Fischer ausgeliefert – von der Druckerei ohne Umwege über die Stadt direkt an den Händler und in die Hände der Sammler: es gab und gibt keine Schachtel, Tüte oder Banderole, sondern nur die einzelnen Scheine. Schade für die Sammler!

Die Endabrechnung zwischen Druckerei und Verkäufer wies einen städtischen Gewinn von 234.005,75 Mark auf für einen Artikel, der keinen Wert hatte, sondern allein für die Sammler im ganzen Reich herausgebracht war. Doch dieses Zubrot für das Stadtsäckel wurde während der beginnenden Inflation schnell aufgefressen.

Unter den rund 25.000 verschiedenen Serienscheinen stellt das Celle-Quartett das einzige auch so genannte Quartett dar – aber ein Quartettspiel? Zwar tragen alle Scheine Gruppenbegriffe, sind gezählt und nummeriert, doch das gegenüber Spielkarten viel zu dünne Papier verbietet eigentlich einen Gebrauch als „Familienkartenspiel“. Aber man wird doch wohl sammeln dürfen!

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